Literatur

Meine Herbstlektüre!

November 2, 2015
In den letzten Wochen habe ich einige Bücher gelesen und durchgeblättert, die ich euch heute kurz und bündig in einem Literatur-Post vorstellen und empfehlen möchte. Wie ihr es von mir gewohnt seid, habe ich viele Gesellschaftsromane gelesen und im Oktober auch Erwachsenenliteratur von der besten Kinderbuchautorin, die ich kenne.
Irgendwann im September habe ich die letzten Seiten von Louis Auchincloss „Eine Frau mit Möglichkeiten“ verschlungen. Ein Buch, das meinen Literaturgeschmack zu 100 Prozent trifft. Der Roman, der die Lebensgeschichte und die oft fragwürdigen Karrierestrategien von Clarabel Longcope erzählt, erinnert an ein Märchen. Clara setzt ihren Charme und ihren Scharfsinn hemmungslos ein, um zu der Frau zu werden, die sie seien möchte. Viele Ehen, oder vielmehr die Scheidungen, verhelfen der jungen Frau zu Reichtum und gesellschaftlichem Status. Schon bald wird sie, mit der Hilfe williger Liebhaber, zum Mittelpunkt der New Yorker Upper Class der Fünfziger Jahre. Den Status Chefredakteurin, auf den sie zielstrebig hingearbeitet hat, tauscht sie schnell gegen politische Macht ein, zu der sie durch eine selbstgegründete Stiftung und das Vermögen ihres letzten Ehemannes gekommen ist. Clara hat zwar auch schwache, nahbare Momente, in denen sie an ihrer Skrupellosigkeit zweifelt, aber doch ist sie sich sicher nicht für ein Leben voller Liebe geschaffen zu sein. Intrigen und ausgeklügelte Schachzüge werden zu ihrem Spezialgebiet. Beim Lesen wünscht man sich manchmal, die Protagonistin würde die wahre große Liebe finden, hinter der sie Reichtum und Macht zurückstellen würde, aber es ist doch zu spannend ihr dabei zuzusehen, wie sie die Karriereleiter hinaufklettert und jede Unsicherheit ausbalanciert. Wer „Die Party bei den Jacks“ von Thomas Wolfe oder die Werke von Henry James liebt, wird dieses Buch nicht mehr aus der Hand legen.

Neue, herzerwärmende Reiseliteratur habe ich mit „Taschen’s Paris“ entdeckt. Dieser Bildband entführt uns in die exklusivsten, schönsten und außergewöhnlichsten Restaurants, Shops und Hotels in Paris, punktet mit tollen Grafiken und noch besseren Fotografien. Das Buch sieht nicht nur elegant  auf unserem Wohnzimmertisch aus und ist für mich mehr als ein Wohnaccessoire. Obwohl das Buch fast ausschließlich auf kostspielige Orte setzt, kann ich es jedem Paris-Fan ans Herz legen, denn einen Cocktail in einem Traumhotel oder einen Bummel durch architektonisch spektakuläre Geschäfte kann man sich auch als Student leisten. Ich integriere in meine Städte-Reisen gerne solche Orte und Erfahrungen, weil sie mich inspirieren und für wenige Momente in eine andere Welt entführen. Außerdem schult „Taschen’s Paris“, wie fast jedes Buch des Kölner Verlags, das Auge, macht uns zu besseren Fotografen und guten Beobachtern.
„Gehe hin, stelle einen Wächter“ von Harper Lee war nach meiner Begeisterung von „Wer die Nachtigall stört“ wohl die schönste Veröffentlichung des Jahres. Endlich konnte ich zurück in die Welt von Scout, die in diesem Roman zurück aus New York kommt, um ihrer Heimat und ihrem Vater Atticus einen Besuch abzustatten. Thema ist wie bereits in „Wer die Nachtigall stört“ der Rassismus in den Südstaaten Amerikas. In diesem Roman löst Scout sich von ihrem Vater, den sie so sehr verehrt, dem sie vertraut und ihr Gewissen mit ihm teilt. Seines und ihr Gewissen, bisher Hand in Hand gegangen, lösen sich auf den 300 Seiten voneinander, ohne die Liebe zwischen Vater und Tochter zu schmälern.

„Der Wächter eines jeden Menschen, Jean Louise, ist sein Gewissen. So etwas wie ein kollektives Gewissen gibt es nicht.“

Ich will behaupten, dass es bisher noch kein Autor so gut wie Harper Lee geschafft hat, mich für Charaktere eines Buches zu sensibilisieren. Ich habe geweint, oft erleichtert aufgeatmet und mit Scout um den Blick auf  ihren Vater gekämpft. Hätte ich einen Wunsch frei, würde Harper Lee noch tausende Bücher schreiben.

 

 

Momentan lese ich die Tagebücher von Astrid Lindgren, die vor einigen Wochen erschienen sind. Bei diesem meist traurigen und enttäuschten Blick aus dem neutralen Schweden auf den zweiten Weltkrieg, bekommt man eine neue Perspektive auf diese turbulente, grausam brutale Zeit und lernt die Kinderbuchautorin etwas besser, etwas persönlicher kennen. Sehr empfehlenswert!
Die Bücher: Eine Frau mit Möglichkeiten, Louis Auchincloss, DuMont Buchverlag / Taschen’s Paris, Angelika Taschen, Taschen Verlag* / Gehe hin, stelle einen Wächter, Harper Lee, DVA / Die Menschheit hat den Verstand verloren, Astrid Lindgren, Ullstein Buchverlag

 

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